Jedes Jahr ist es wieder soweit: die ach so schönen Momente in den gemütlichsten Stunden um und an Weihnachten wollen in authentischen Bildern festgehalten werden. Wer kennt es nicht, wenn Opa Bob (ersetze Bob mit jedem erdenklichen Namen ;)) im Moment des Kerzenscheins mit seiner Kamera das Auspacken der Geschenke, die glücklichen Gesichter der Kinder oder einfach nur die so schöne Weihnachtsdekoration fotografieren will.
In der Regel spielt es sich wie im Folgenden ab: Opa Bob: “Helga, die Stimmung auf den Bildern kommt ja gar nicht so rüber, wie es in echt aussieht”. Die Realität ist tatsächlich meistens ernüchternd, da spreche ich aus eigener Erfahrung. Die meisten Amateurfotografen klagen dann über in weiß geblitzte Atmosphäre anstatt gemütlich eingefangenem Kerzenscheinambiente. Ein logisches Ergebnis, wenn man die Technik versteht und diese alleine der Kamera überlässt.
Wieso ist das so?
Zunächst: Die Kamera kann es nicht besser wissen. Sie versucht aufgrund von zu wenig vorhandenem Licht dem Fotografen eine trotzdem scharfe und qualitativ möglichst hochwertige Aufnahme zu bescheren. Ob die Aufnahme dabei die vorhandene Lichtstimmung so transportiert, wie sie wirklich war? Fehlanzeige. ISO im unteren Bereich, die Belichtungszeit möglichst kurz, um nicht zu verwackeln. Genau das sind die Parameter, die der Automatikmodus herbeiführt.
Tatsächlich ist dieses Problem eines der meistgenannten, wenn ich meine Teilnehmer/innen meiner Einsteigerkurse nach ihren technischen Herausforderungen frage.
Wie lässt sich dem Phänomen entgegenwirken?
Erstmal: Raus aus dem Automatikmodus! Wenn Du bereits im manuellen Modus (M) oder im Blendenvorwahlmodus bzw. in der Zeitautomatik (AV/A) fotografierst, hast Du schon die besten Vorrausetzungen, um die Stimmung so wie sie ist, festzuhalten. Das Stichwort dabei heisst: Available Light (verfügbares Licht).
Schalte den eingebauten Blitz aus
Selbstverständlich lassen sich authentische und atmosphärische Aufnahmen auch mit einem externen Blitz erschaffen. Hierbei liegt die Betonung aber auf “extern”. Den eingebauten Blitz lassen wir schön eingeklappt, auch ein unschönes Mitbringsel des Automatikmodus (hast Du auch schon mal Menschen gesehen, die den Eiffelturm mit ausgeklapptem Blitz fotografieren?). Das Resultat (außer beim Eiffelturm ;)) sind meistens diese kleinen, harten Schatten. Nur wenige Kameras schaffen es, den Blitz automatisch so zu regulieren, dass das Ergebnis befriedigend ist.
Versuche es doch mal selber mit den folgenden Einstellungen:
Im M Modus
Blende möglichst weit auf (z.B. f2.0, f.2.8). Eine Festbrennweite (bei Kameras mit Wechselobjektiven) ist dabei empfehlenswert, wie z.B. dieses 50mm f1.8 Objektiv.
ISO hoch (ja, mindestens 800/1600,…)
Entsprechend die Verschlusszeit so kurz wie möglich halten (mind. 1/50 Sekunde, besser noch 1/100 Sekunde)
Im AV/A Modus
Wähle eine große Blende (kleine Blendenzahl, z.B. f2.0…, s.o.)
ISO hoch oder auf Automatik
RAW (s.o.)
RAW Format statt JPG
Speichere Deine Bilder zudem im RAW Format (NEF, CR2, je nach Hersteller), um im Nachhinein noch die Farbtemperatur über den Weißabgleich justieren und um Tiefen sowie Höhen dynamisch anpassen zu können. Zwar kostet das RAW wesentlich mehr Speicherplatz als das bereits komprimierte und vorab entwickelte JPG, ist es aber allemal wert, zudem sind Speicherkarten heute nicht mehr das Thema.
Um RAW Dateien später bearbeiten zu können, benötigst Du ein spezielles Programm, dass die RAW Daten konvertieren kann, wie z.B. Adobe Lightroom. Wenn Du Dir nicht sicher bist, zeichne sowohl ein JPG als auch ein RAW auf. So kannst Du immer noch mit Deinem gewohnten JPG arbeiten.
Geht das mit jeder Kamera?
Jein. In jedem Fall sollte Deine Kamera manuelle Einstellmöglichkeiten haben. Jede halbwegs moderne Kamera im nicht allzu unterirdischen Preissegment hat diese Fähigkeiten. Manuell heisst nur soviel, dass Du die Blende, Belichtungszeit und Lichtempfindlichkeit selber einstellen kannst. Zudem kann man dann meistens noch das Dateiformat einstellen. Bei den Spiegelreflexkameras ist dies eine Selbstverständlichkeit, sowie bei den meisten Systemkameras. Es gibt mittlerweile schon Handys, mit denen sich (zumindest mittels einer App) die Kamera manuell bedienen lassen kann und mit denen man auch im RAW Format fotografieren kann.
Einen Versuch ist es wert…
Versuch es doch mal, verlieren kannst Du nichts. Und im Notfall gehst Du eben doch wieder schnell in den Auto Modus, damit Du den Moment zumindest irgendwie eingefangen hast. Mit etwas mehr Zeit für das Hobby kannst Du dann Schritt für Schritt üben.
Im Onlinekurs auf myphotocamp.com gehen wir genau diese Themen genauer an und auch im nächsten kostenlosen Live Webinar zu diesem Thema werden wir die o.g. Dinge behandeln.